Kunst der Freundschaft

Franz Littmann| Pforzheim
portrait
Wolf Pehlke | ... | Franz Littmann
© S.K.B.

Liebe Silvia,

mein WEB-WERK-Beitrag ist so eine Art Was-ich-schon-immer-
einmal-gerne-gesagt-hätte: ein Gespräch mit einem Toten, das
das Gespräch selbst zum Thema hat.
Immer das „Riskante“ der Zuversicht beherzigend - im Widerstand
gegen das betreute Wohnen, Lernen, Denken, Krepieren ...
Salut !
Fr.
P.S.: mit 2 neuen Hüften natürlich!

 

Lieber Dietmar,

ziemlich genau erinnere ich mich noch an unser erstes Gespräch. Es war 1974, in Marburg, in der Barfüßergasse 1 a. Ich musste meine Diplomarbeit im Bett schreiben. ein Beinbruch. Für Dich war dieser Besuch bei Deinem Studenten eine Selbstverständlichkeit. Seitdem hörte unser Gespräch nie mehr auf. „Seit ein Gespräch wir sind ...“ gab es aber auch feste, allerdings unausgesprochene, Regeln: Von uns selbst redeten wir so gut wie nie. De nobis ipsis silemus. Statt um das liebe „Ich“ drehte sich alles um das Schreiben, Denken und Handeln - um ihrer selbst willen.
Das Gespräch (Du warst ja häufig in Karlsruhe, als Gastprofessor an der Hochschule für Gestaltung), das Telefonieren, vor allem aber das Telefonieren, vor allem aber das Briefeschreiben verstanden wir als Gegenwehr. Als konkretes KörperDenken, „schwankend und balancierend zwischen Kollaboration und Widerstand ...“
Regel 2: Unsere Gespräche waren „vorbereitet“. Beispiel: Parallel zur Bildbetrachtung in der Karlsruher Kunsthalle, vor Anselm Feuerbachs „Symposion“, lasen wir im „Platon“ ... Weil wir eine neue Sicht der Dinge und das Leeren der vorprogrammierten Festplatten im Gehirn wollten, war das Ein- und Umstimmen ganz wichtig. So wie man Briefe nicht schreibt, wie man spricht - wenn man die Feder auf das Papier setzt, ist es dasselbe, wie wenn man den Flügel anschlägt oder die Violine stimmt - stimmten wir uns um. Deshalb konnte sie gelingen, die „methodische Schizophrenie.“
Kein „Dialog“, kein „Wahrheitsfinden“ auf dem Weg des „gemeinschaftlichen“ Denkens. Keine Kunst der Nachahmung. Nein, solange man weiß, was man macht, entsteht keine Kunst. Unsere Gespräche waren eine riskante Kunst der Vor-Ahmung, bis zuletzt.

Mit riskanter Zuversicht
Dein Franz

bild
© F. Littmann
 

Biografie Franz Littmann, Dr. phil., geb. 1948 in Durmersheim. Lehrtätigkeit an der Insel Schule in Pforzheim. Promovierte 1980 bei Dietmar Kamper in Marburg/Lahn über Denkfiguren der Gruppendynamik; spricht und handelt zeitweise als Lehrer, zeitweise als Publizist. Langjährig Rezensent für bildende Kunst im Karlsruher Kulturmagazin „Klappe auf“.

Schriften (Auswahl) Leben leben, Klett-Verlag 2000. In: Paragrana. Internationale Zeitschrift für Anthropologie, Heft 6/1997. Neuerscheinung 2009: Johann Peter Hebel, Humanität und Lebensklugheit für Jedermann, Sutton-Verlag.

franzlittmann(AT)gmx.de